arrow_backZurück zu Wissenwertes
Der nachstehende Text stellt die Essenz eines zurückgestellten Buchprojektes dar und resultiert aus mehrjährigen Recherchen des Turbo-Look Registers. Er beinhaltet Teile umfangreichen, nie veröffentlichten Wissens, dessen Verwendung und Publizierung auch von Teilinhalten oder Zahlenangaben ohne vorherige Genehmigung des Autors, ausdrücklich untersagt ist!
© Norbert Franz
Zuletzt geändert: 11.08.2016, 11:15 CET
964 Speedster im Turbo-Look
Im Gegensatz zum 911 Speedster aus dem Modelljahr 1989 wurde der 964 Speedster nur mit der schmalen Karosserieform angeboten und produziert. Im Dezember 1991 war ein erster turbobreiter Prototyp auf Basis eines 964 Carrera 2 Cabriolet Turbo-Look auf die Porsche AG erstzugelassen worden, der es aber nie zur Serienreife brachte. Auf immer wieder vorkommende Kundenanfragen nach Turbo-Look Speedstern - die optischen Merkmale der breiten Karosserie in Kombination mit der flachen Windschutzscheibe und der Fiberglasabdeckung hatte viele Anhänger gefunden - reagierte Porsche mit der Möglichkeit eines Umbaus des zuvor individuell bestellten, schmalen Speedsters in der Exclusive-Abteilung.
So entstanden ab dem Frühjahr 1993 – am 19.3.1993 wurde eine Baubeschreibung des 964 Speedster Turbo-Look fixiert - in der Sonderwunschabteilung „Porsche Exclusive“ im Werk1 bis zu 15 Einzelstücke mit der breiten Karosserie - also mit der Interpretation der Option M491 = Turbo-Look (Breite Karosserie), die auch schon beim Jubiläumsmodell 30 Jahre 911 überwiegend nur Karosserieteile betroffen hatte. In den internen Datenblättern der Turbo-Look Speedster wurde die Option M491 aber niemals vermerkt und gelistet, noch war es möglich sie beim Bestellprozess zu berücksichtigen. Für seinen exklusiven Wunsch wurden dem Kunden inklusive Umsatzsteuern 25.875.- DM Aufpreis in Rechnung gestellt. In Summe (164.059.- DM) im Vergleich zum 964 Carrera 2 Turbo-Look Cabriolet, das mit 175.395.- DM Grundpreis angeboten wurde, immer noch ein „Schnäppchen“.
Die betreffenden Speedster-Rohkarossen der Einzelstücke wurde in der Frühphase des Fertigungsprozesses ausgesteuert, in Verantwortung der Exclusive-Abteilung in die Reparaturabteilung verbracht und quasi nachträglich mit Frontkotflügeln und Ansetzteilen an den hinteren Seitenteilen manuell verbreitert. Im Anschluss durchliefen sie wieder den normalen Fertigungsprozess von Lackierung bis zur Endfertigung. Die Technik wie Bremsanlage und Achs- und Fahrwerkskomponenten des Turbo fanden, im Gegensatz zum 964 Carrera 2 Cabriolet Turbo-Look, keine Verwendung. Vorn versetzte man das Serienfederbein auf die werksseitig bei jedem 964 vorhandene äußere Schraubenaufnahme am Chassis. Um nicht, wie bei frühen Turbo-Look und Turbo Modellen, zu breite Distanzscheiben verwenden zu müssen, wurden die Hinterachsschwingen und die hinteren Radträger des Turbo-Fahrwerks verwendet. Das Schraubenfahrwerk inkl. der Stoßdämpfer entspricht aber dem des regulären Speedster. Gleiches gilt für die Bremsanlage. Hier bediente man sich für vorn der Standard-Bremszangen und -Bremsscheiben des Speedster, montiert am Standard-Federbein, und den normalen Querlenkern, die identisch mit denen des Carrera 2 sind. Der Stabilisator für vorn hat 21 mm, der hintere 22 mm wie beim Turbo. Die hinteren Bremssättel entsprechen dem Bremssattel des Turbo 3.3, montiert an den Halbachsen des Turbos. Die verwendeten Brems-Kolben im Sattel entsprechen aber dem des regulären Speedsters. Die Bremsscheiben waren ebenso identisch mit dem Serien Speedster. Da vorn Standard- Bremssättel und -Scheiben montiert wurden, verwendete man zudem ein schwächeres 33-bar Ventil zum Ausgleich der Bremsbalance.
Die zuvor genannte Stückzahl von bis zu 15 Exemplaren ist durch kein Dokument oder irgendeine verlässliche Quelle verifiziert, noch ist herauszubekommen, wer diese Zahl in die Welt brachte. Wohl aus Unkenntnis der wahren Stückzahl wird sie am häufigsten genannt, variiert aber auch von Quelle zu Quelle. Festzuhalten bleibt dass die Zahlenangaben laut Porsche auch von 9 über 14 bis hin zu 15 Exemplaren schwanken. Zudem vermengen sich die Zahlenangaben zu den Turbo-Look Speedstern mit der Anzahl der Strosek Mega Speedster Breitumbauten, von denen laut Aussage des ehemaligen Sekretariats ebenfalls 15 Exemplare entstanden sein sollen.
Resümierend kann man nur die Tatsache konstatieren, dass es einige Speedster Turbo-Look Umbauten ab Werk und zudem auch solche Umbauten von Tunern oder auch von Porsche-Zentren gibt. Es gibt auch zahlreiche Umbauten von 964 Cabriolets zu Turbo-Look Speedstern. Für viele dieser Fahrzeuge reklamieren heutige Halter den Besitz eines der wenigen Werks-Fahrzeuge, meist „belegt“ durch die schillerndsten Geschichten und dubiose Unterlagen.
Dem Turbo-Look Register ist es nach rund zehn Jahren Recherche gelungen einen verbindlichen Beweis zur Verifizierung der „echten“ Speedster-Umbauten vom Porschewerk zu finden, denn Porsche Exclusive vergab einen fünfstelligen Z-Code nur für den Speedster-Umbau auf Turbo-Look und dieser ist sowohl porscheintern auf dem Cardex, als auf den Optionsklebern unter der Fronthaube und im Serviceheft der Original- Fahrzeuge gelistet. Es ist der Exclusive Z-Code 16771, der mit folgendem Wortlaut in den internen Unterlagen aufgeführt ist:
16771: SPEEDSTER TURBO-LOOK - UMBAU AUF TURBO-LOOK GEMÄSS ABSPRACHE ZWISCHEN VRS UND PAP - BAUBESCHREIBUNG VOM 19.3.93 - ACHTUNG: TÜV-EINZELABNAHME DURCH VRS (MANUELLER KFZ-BRIEF) ABRECHNUNG ERFOLGT DURCH VRS.
Mit Erscheinen dieses Textes wird es dann wohl möglich werden, mehr Licht ins Dunkle zu bringen und irgendwann einmal verlässliche Zahlen für die spektakulären 964 Turbo-Look Speedster zu finden.